Schongauer Nachrichten vom 25.9.2006
Gammelfleisch im Trachtenanzug
Kabarettist Helmut Schleich mit Programm
"Mutanfall" in Bestform
Schongau - "In letzter Zeit ist es Mode geworden, seine
Heimat in Bayern zu besuchen." Diesem Trend schloss sich der
Kabarettist Helmut Schleich auf Einladung des
Kulturfördervereins lechwärts e.V. mit einem Auftritt in
seiner Geburtsstadt Schongau an. Gut 200 Zuschauer erlebten am
Samstag Abend im Ballenhaus mit dem Programm "Mutanfall"
Helmut Schleich in bester Form.
Chamäleonhaft schlüpfte er in die verschiedensten Rollen.
Egal, ob im grünen Satin-Jackett als "Helmut
Schleich-Vertretung" Werner, mit blau-weiß gepunkteter
Krawatte als überdrehter holländischer Showmaster Kack
van Houten, im roten Arbeitskittel als Angstmachermeister Ferdinand
Flügel, als Humorproduzent Bodo Bolsenkötter,
verdruckster Sonderling oder Fleisch gewordene Hysterie - Schleich
ist immer mit vollem Körpereinsatz auf der Bühne. |
Kabarettist Helmut Schleich
|
|
Sein Markenzeichen ist das Stofftaschentuch, das
immer wieder zum Einsatz kommt, um sich das Produkt seiner
schweißtreibenden Bühnenpräsenz aus dem Gesicht zu
wischen. Mit prägnanter Mimik und Gestik verkörpert er
seine Typen, schneidet Grimassen, hopst im Scherenschritt über
die Bühne oder steht verklemmt mit eingezogenem Kopf in der
Ecke. Quasi als harmloser Nachbar von nebenan zieht er alle
Register. Lässt sein Publikum in gesellschaftliche und
seelische Abgründe schauen, hält ihm einen Spiegel vor-
und das so gekonnt und verschmitzt, dass es gar nicht anders kann,
als sich bestens zu amüsieren. |
Obwohl für Notfälle ausgerüstet mit
"Robert Lembkes Lieblingswitzen" in Buchform, fehlt
seinem Programm nicht der aktuelle Bezug. Die Aufregung um
Gammelfleisch lässt ihn kalt: "Bei uns heißt das
Leberkäs".
Und sind Regierungschefs mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum, wie
Landesvater Stoiber, der seit den letzten Wahlen unter einer
posttraumatischen Verbitterungsstörung leidet, einfach auch
nichts anderes als "Gammelfleisch im Trachtenanzug"?
Als Angstmachermeister Flügel handelt er munter am
"Angststandort Deutschland" mit Spitzenängsten
"made in German". Denn darin sind die Deutschen absolut
Spitze: "Ein Deutscher ohne Angst ist wie ein Chinese ohne
Schlitzaugen!" |
|
|
Als Humorproduzent Bolsenkötter will er
abgelaufener Humorware zu internationalem Durchbruch verhelfen und
die Humorglobalisierung durch eine Neuauflage des
Häschenwitzes in Kombination mit Blondinen- und
Österreicherwitz vorantreiben. Das lenkt von den
drängenden Fragen der Zeit ab, wie "Kommt nach der
Riester - Rente die Heesters- Rente?" Und die könnte ja
durch sukzessive Überführung der deutschen Sprache in
private Hände finanziert werden. So soll schon ein großer
Versicherungskonzern sich die Rechte auf das Wort
"Hoffentlich" gesichert haben. Schleich grantelt,
schreit, flüstert und bringt das Publikum mit stark
holländisch gefärbten Showmaster- Nonsens zum Lachen.
Seine Glanzleistung hebt er sich aber für die Zugabe auf: Eine
Parodie Ottfried Fischers, die das Publikum unweigerlich vor die
Frage stellt: "Ist Helmut Schleich etwa die untergewichtige
Ausgabe des Bullen von Tölz?" uf |
Text & Pressefotos: Ursula Fröhlich
|